Ein Industriedenkmal blüht auf: Wie die Malzfabrik Flächen und Gebäude nachhaltig gestaltet

Vom verlassenen Industrieareal zum pulsierenden Kreativ-Quartier. Von versiegelten Straßen und Plätzen zur grünen Oase mit Naturpark und Weiher. Von hohen Abwasserkosten zum sozialen und ökologischen Mehrwert: Die Malzfabrik zeigt, wie sich Flächen nachhaltig entwickeln lassen – und welche Rolle Regenwasser dabei spielt.  

Einst gehörte das Gelände der Schultheiß Brauerei und war Europas größte Malzproduktionsstätte. 1996 wurde sie stillgelegt. Das rund 50.000 m² große Industrieareal mit seinen denkmalgeschützten Klinkerbauten stand größtenteils leer. Doch der Schweizer Visionär Frank Sippel erkannte das Potenzial, das hier schlummerte. Und seit 2009 haucht ein wachsendes Team der Malzfabrik neues Leben ein. Mit einem Konzept, das Natur und Kultur, Kreativität und Nachhaltigkeit miteinander vereint.

Mit „Green Steps” auf dem Weg

Den Anfang machten fünf Gebäude, die energetisch kernsaniert und an Unternehmen vermietet wurden. Bald belebten erste Kunstinstallationen und Kulturveranstaltungen das Gelände. Parallel dazu legte das Malzteam in einem Workshop die Nachhaltigkeitsziele der Malzfabrik fest.

„Das war offen und spielerisch. Wir waren ein junges, frisches Team und haben Nachhaltigkeit erstmal nur für uns gemacht.”

erzählt Karoline vom Böckel, die 2011 als Nachhaltigkeitsbeauftragte dazustieß.

Nachhaltigkeitsbeauftragte Karoline vom Böckel // © Malzfabrik Anna Kott

Die Schritte, die das Malzteam so gemeinsam festlegte, nannten sie Green Steps. Sie stellten auf Ökostrom um, begannen mit der Arbeit an zwei Regenwasserteichen, entwickelten einen Leitfaden für nachhaltige Events. Und ließen eine Studierenden-Gruppe der TU Berlin prüfen, ob auf dem Dach der Alten Mälzerei Landwirtschaft möglich wäre. Auch die Mieter:innen – vom Start-up über den Handwerksbetrieb bis zum Musikstudio – zogen mit. Mit ihrem nachhaltigen Konzept gewann die Malzfabrik noch im selben Jahr den Berliner Umweltpreis. Das brachte Karoline vom Böckel in Kontakt mit Menschen und Organisationen, die an ähnlichen Themen arbeiteten. Und auf neue Ideen.

Regenwasser: Eine Ressource, die vom Himmel fällt

Für viele ist Regenwasser nichts als Abwasser, dessen Einleitung auch noch Geld kostet. In Wahrheit ist sie eine wertvolle Ressource. Denn schon jetzt leidet Berlin immer öfter unter Hitze, Trockenheit und Starkregen. Wird Regenwasser lokal bewirtschaftet, sinkt das Risiko für Überflutungen; stattdessen gibt es mehr Grün, Abkühlung an heißen Tagen und langfristig mehr Lebensqualität. Angesichts des Klimawandels wird Regenwassermanagement in Zukunft immer wichtiger werden.

Die Malzfabrik hatte bereits 2010 die angrenzende Naturbrache hinzugekauft, auf der sich zwei – einst für eine Tiefgarage ausgehobene – Becken befanden. Daher kam die Idee auf, dort einen Naturpark mit Regenwasserteichen anzulegen. Und so auch die Abwasserkosten des damals noch fast vollständig versiegelten Industrieareals zu senken.

Doch was anfangs so einfach klang, erwies sich als deutlich komplexer. Etwa, weil Straßenwasser nicht ohne Filterung im Boden versickern darf. Oder weil für die wasserbehördliche Genehmigung des Projekts mehrere Gutachten erstellt werden mussten. Die wachsenden Kosten stemmte die Malzfabrik selbstständig.

Wer wie die Malzfabrik Regenwasser bewirtschaften will, kann auf die Unterstützung der Berliner Regenwasseragentur bauen:

Sie informiert über rechtliche Grundlagen, technische und ökologische Möglichkeiten sowie die Finanzierung. Außerdem begleitet sie die Planung, Umsetzung und Kommunikation solcher Projekte. Mehr Informationen finden Sie unter regenwasseragentur.berlin/services

Eine grüne Oase entsteht

Als erstes waren größere Erdbewegungen nötig, um die beiden Becken zu modellieren. Schon vorher waren 900 m² Dachbegrünung angelegt worden, die Regenwasser zurückhält und Luftschadstoffe bindet. Niederschläge von Dächern und Verkehrsflächen gelangen über ein Gefälle zur Zisterne, wo sich erste Schwebstoffe absetzen. Dann wird das Wasser über einen Bodenfilter und eine Dränage-Schicht geleitet und so gereinigt. Erst dann fließt es in eines der beiden Wasserbecken, den naturnah ausgebauten Weiher. Das Freizeitbecken hingegen wird von einem reaktivierten Tiefbrunnen gespeist. Überschüssiges Wasser fließt aus den Becken in einen unterirdischen Pufferspeicher und versickert dort.

2015 konnte das Gelände weitgehend von der Kanalisation abgekoppelt werden. Die Regenwassergebühren halbierten sich. Zwar waren die Projektkosten höher als die Ersparnis, aber Karoline vom Böckel sind die langfristigen Vorteile wichtiger: Das Freizeitbecken mit Strand bietet Mieter:innen und Menschen aus der Nachbarschaft Raum zur Erholung. Im Weiher daneben leben Enten, Frösche und seltenere Tierarten; am Ufer und in den Filterzonen wachsen einheimische und teils gefährdete Pflanzen. Außerdem sorgen die Wasserflächen selbst an heißen und trockenen Tagen für ein angenehmes Mikroklima. Das kommt auch den angrenzenden Gärten und Gebäuden zugute.

Der Park mit Freizeitbecken und Strandfeeling – Erholungsraum für Mensch und Tier // © Malzfabrik Offenblen.de – Nils Krüger
Es gibt so viele Möglichkeiten, nachhaltiger zu handeln

Vom verlassenen Industrieareal zur grünen Oase – die Wiederbelebung der Malzfabrik ist ein voller Erfolg. Und noch lange nicht zu Ende. In Zukunft will die Malzfabrik sich noch mehr öffnen. Karoline vom Böckels Vision: ein grüner Campus, der Raum für Arbeit und Kreativität, Forschung und Lehre inmitten eines vielfältigen, naturnahen Lebensraums bietet.

Natürlich hat nicht jedes Unternehmen die Chance, mehrere Hektar Fläche frei zu gestalten.

„Aber Nachhaltigkeit geht überall, vom Ein-Mann-Betrieb bis zum globalen Konzern.”

davon ist Karoline vom Böckel überzeugt.  Auch mit kleinen Schritten lassen sich Flächen naturnah und lebensfreundlich gestalten. Das muss nicht einmal teuer sein – wenn man die Mitarbeitenden aktiviert.

„Es gibt so viele Möglichkeiten, nachhaltiger zu handeln. Man kann die Leute einfach ihren eigenen Weg finden lassen.”

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