Ein Kreislauf gelingt selten allein
Eine konsequente Kreislaufwirtschaft kann dazu beitragen, Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln und die Dekarbonisierung zu erreichen. Eine aktuelle Studie von SYSTEMIQ zeigt, dass durch die Umstellung auf zirkuläre Geschäftsprozesse oder -modelle eine Reduzierung der CO2-Emissionen von bis zu 65 Prozent möglich ist und bei verringertem Ressourceneinsatz gleichzeitig die Profite in den Unternehmen erhöht werden (SYSTEMIQ, 2022). Doch der Anteil der nach Nutzung in den wirtschaftlichen Kreislauf zurückgeführten Materialien liegt laut dem kürzlich veröffentlichten Circularity Gap Report 2023 bei lediglich 7,2 %, womit die Lücke im Vergleich zum Vorjahr erneut größer geworden ist (Circle Economy 2023).
Zirkuläre Geschäftsmodelle brauchen Kooperation
Eine durchgeführte BNW-Mitgliederumfrage zeigt, dass neben politischen Rahmenbedingungen auch mangelndes Wissen sowie insbesondere fehlender Erfahrungsaustausch und fehlende Kooperation entlang der Wertschöpfungsketten große Barrieren für die Umsetzung hin zu kreislauffähigen Produkten und Geschäftsmodellen darstellen. In einem System, in dem alle Akteure konsequent in Kreisläufen wirtschaften, ergeben sich neue, starke Abhängigkeiten. Es braucht gebündeltes Wissen, wo beispielsweise Reststoffe anfallen, die wiederum Rohstoff für ein anderes Unternehmen sein könnten. Solange die Kreislaufwirtschaft in unseren Köpfen und in der unternehmerischen Praxis erst da beginnt, wo ein Produkt verbraucht ist, wird die nachhaltig-zirkuläre Transformation unserer Wirtschaft nicht gelingen. So muss ein konsequentes Eco-Design heute immer von der Kreislauffähigkeit gedacht werden – Eco Design muss zum Circular Design werden. Circular-Design strebt nach den Prinzipien der Entkopplung immer zuerst die maximale Reduktion eines primären Ressourcenverbrauchs an und hat entlang der gesamten Wertschöpfung konsequent die Kreislauffähigkeit im Fokus.
Circular Hubs als intelligente Lernorte für KMU
Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) schafft der Bundesverband nachhaltige Wirtschaft (BNW) mit den Circular Hubs regionale sowie inhaltliche Anlaufstellen für Wissensaustausch und die Zusammenarbeit für die Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaftsweise. Dabei liegt ein großes Potenzial bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Sie sehen sich bei der Umsetzung mit politischen wie praktischen Herausforderungen konfrontiert und können im Netzwerk gleichzeitig eine enorme transformative Hebelwirkung entfalten.
Mit zunächst vier über Deutschland verteilten Circular Hubs werden Räume geöffnet, um vorhandenes Wissen zu bündeln, branchenübergreifenden Austausch zu ermöglichen, bestehende Lösungsansätze praktisch erfahrbar zu machen, vielversprechende Modelle in die Breite zu tragen, neue Synergien zu schaffen und Innovation auf den Weg zu bringen.
Konsequenter politischer Rahmen für zirkuläres Wirtschaften
Für einen Erfolg der Circular Economy sind aber vor allem entsprechende politische Rahmenbedingungen entscheidend. Auf nationaler Ebene wird, basierend auf dem Circular Economy Action Plan der EU, 2023 der Entwurf für die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie durch das Bundesumweltministerium vorgelegt werden.
Mit der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie sollten nicht nur Aktions- oder Förderprogramme adressiert werden. Vielmehr müssen im Rahmen der Strategie auch Instrumente verankert werden, die für einen fairen Markt für zirkuläre Produkte und Dienstleistungen sorgen. So konterkarieren beispielsweise heute immer noch klimaschädliche Subventionen die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft. Oft rechnet sich der Einsatz von Rezyklaten ökonomisch nicht. Plastik neu herzustellen ist aufgrund der Befreiung von der Mineralölsteuer schlicht günstiger. Auch produktbasierte Mindestrezyklatquoten sollten eingeführt (und die Umsetzung kontrolliert) werden, um den Einsatz von Neumaterialien zu verringern und Materialien möglichst lange im Kreislauf zu halten.
Das lineare Wirtschaftssystem blockiert zirkuläre Produkte und Dienstleistungen
Um ökonomische Anreize für Kreislaufwirtschaft zu schaffen, muss natürlich auch die Beschaffungspraxis der öffentlichen Hand konsequent daran ausgerichtet werden. Als größte Nachfragerin Deutschlands hat die öffentliche Hand einen starken Hebel. Die Einführung eines Recyclinglabels schafft Transparenz zu Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und Rezyklatanteil für Verbraucher:innen und Beschaffende.
In Frankreich gibt es seit 2021 einen Reparaturindex für einige elektronische Produkte (Smartphones, PCs, Fernseher, Waschmaschinen und Rasenmäher). Der Index zeigt, wie einfach und günstig die Reparatur der Produkte ist. Durch Richtlinien für recyclingfreundliche Produktdesigns und ein Recht auf Reparatur muss die Langlebigkeit und Kreislauffähigkeit von Produkten gestärkt werden. Die Digitalisierung und stetige Weiterentwicklung der Informationstechnologie schafft Innovationen, um Materialien effektiv zu verfolgen (Stichwort: Materialbanken), was die Weiternutzung erleichtert. Dadurch eröffnen sich für Unternehmen neue (Geschäfts-)Möglichkeiten.
Mit dem Recht auf Reparatur, der Ökodesign-Richtlinie und der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) hat Deutschland wirkungsvolle Instrumente in der Hand. Die Nationale Kreislaufstrategie muss diese Instrumente in eine ambitionierte Umsetzung bringen. Circular Economy systemisch in allen Bereichen einzuführen, bietet die große Chance, unser Klima und unsere Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Vorreiterrolle für grüne Technologien zurückzugewinnen.
Das Erfolgsrezept: Branchenübergreifende Kooperation und Innovation der Unternehmen auf der einen und ambitionierte politische Steuerung auf der anderen Seite. Dann klappt´s auch mit dem Kreislauf!
Ein Beitrag von Christine Braun und Felix Arnold.
Zuerst erschienen in Ökologisches Wirtschaften 01 – 2023: Nachhaltige Stadtentwicklung. Urbane Transformation klimagerecht gestalten. 01.03.2023. S.10-12.