Von Reparaturwerkstätten zum B2B-Pro

Ambitionierte Unternehmer:innen mit tollen Ideen, die die Welt etwas nachhaltiger hinterlassen, als sie sie vorgefunden haben, machen Berlin zu einem besonderen Ort. Doch wie schaffen nachhaltige Start-ups die Skalierung von Business-to-Consumer (B2C)-Lösungen auf Business-to-Business (B2B)-Partnerschaften? Diese Frage trieb auch die zwei Gründer:innen von Repair Circle um. Zwei Jahre nach ihrer Gründung wollen sie andere nun an ihren Erfahrungen teilhaben lassen und geben Tipps, wie das B2B-Geschäft als junges Start-up gelingen kann.

Das junge Unternehmen Repair Circle begann mit einer Idee: Reparatur wieder zur Norm zu machen. Die Gründer:innen Nikki Anderssen und Mohan Ramadoss trafen sich beim Circular Economy Hackathon des Impact Hub Berlin Ende 2022, um eine Lösung für ein bestimmtes Problem zu entwickeln: Den Mangel an bequemen, erreichbaren und erschwinglichen Reparaturoptionen für Elektrogeräte. Heute bietet Repair Circle eine digitale Plattform mit maßgeschneiderten Optionen für die Reparatur von Elektrogeräten und spielt eine zunehmend wichtige Rolle in der Kreislaufwirtschaft Berlins.

Elektroschrott – eine Jahrhundert-Herausforderung

Von Kaffeemaschinen bis Laptops, laut WEEE Forum, dem Brüsseler Elektroschrott-Recycling­Verband [1], besitzt ein europäischer Haushalt durchschnittlich 74 Elektrogeräte. Allein in Deutschland schlummern 32 Millionen Elektro-Altgeräte in den Schubladen [2] und allein im Jahr 2020 erzeugte jede in Deutschland lebende Person 12,5 Kilogramm Elektroschrott [3]. Aus technischen oder finanziellen Gründen, können viele der verbauten Rohstoffe, v.a. die wertvollen Seltenen Erden bisher kaum oder gar nicht recycelt werden.

Repair Circle hat sich zum Ziel gesetzt, die aktuellen Trends im Bereich Elektroschrott zu durchbrechen und die Bedeutung nachhaltigen Konsums zu vermitteln. Derzeit, so Anderssen, „werden viel zu viele wertvolle Ressourcen verschrottet und wir belasten ärmere Länder des globalen Südens durch unsere Konsumgewohnheiten. Mit einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft können wir Gegenstände so lange wie möglich lokal wiederverwenden.“ Repair Circle soll Teil dieser Lösung werden. Anderssen möchte der nächsten Generation eine intakte Umwelt hinterlassen. „Ich will meinen Kindern sagen können, dass ich mein Bestes gegeben habe, um eine bessere Zukunft für sie aufzubauen“, sagt die Journalistin für Wirtschaft und Umwelt. Auch Ramadoss hat den Wunsch nach einer nachhaltigeren Wirtschaft tief verinnerlicht: „Ich bin in Indien aufgewachsen und war es von dort immer gewohnt, dass es selbstverständlich ist, kaputte Geräte zunächst reparieren zu lassen und dass entsprechende Werkstätten verlässlich und schnell zu finden sind“, erzählt er.

Reparatur auch für Unternehmen zugänglich machen

Genau das ist nun Anderssens und Ramadoss‘ Vision für Berlin. Ihr Ziel: Reparaturdienste sollen in Berlin genauso einfach zugänglich sein wie der Neukauf von Elektrogeräten. Mit Repair Circle haben sie ein lokales Netzwerk an Reparaturwerkstätten in der ganzen Stadt aufgebaut. Das erleichtert nicht nur den Zugang zu Reparatur für die Kund:in, sondern stärkt auch die lokale Wirtschaft. Auf einer Online-Plattform können Kund:innen Reparaturen einfach buchen und nach der Abgabe des Geräts den Fortschritt der Reparatur verfolgen. Diese Niedrigschwelligkeit macht Repair Circle auch für Business-Kund:innen interessant, denn auch viele Unternehmen beginnen ihre Kauf- und Entsorgungspraktiken kritisch zu hinterfragen.

Im Laufe des Jahres 2024 hat Repair Circle seine Aktivitäten im B2B-Sektor ausgeweitet. In einer Partnerschaft mit der Kiron Open Higher Education gGmbH wurden 19 MacBooks repariert, was dem Unternehmen erhebliche Einsparungen ermöglicht hat: Neben 3,8 vermiedenen Tonnen CO2, die durch den Kauf neuer Geräte entstanden wären, sparte Kiron Open Higher Education zusätzlich 24 Arbeitsstunden und somit etwa 30.000 €. Ramadoss erklärt den Vorgang für Interessierte Unternehmen: „Wir berechnen Unternehmen erst dann etwas, wenn sie sich entscheiden, unsere Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Sie gehen kein Risiko ein.“ Ein Unternehmen meldet sich bei Repair Circle einfach mit einer Liste der benötigten Geräte und bekommt ein Angebot.

„Sobald die Unternehmen sehen, wie einfach es sein kann, Ressourcen zu schonen und welche Kostenersparnis sie dadurch haben, werden sie überzeugter Teil der Kreislaufwirtschaft“,

berichtet Ramadoss.

Aus ihrer Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen haben Anderssen und Ramadoss wertvolle Tipps für andere Impact-Entrepreneur:innen, wie sie ihren B2B-Verkauf stärken können:
  • Maßgeschneiderte Lösungen anbieten und flexibel sein
    Repair Circle versteht, dass unterschiedliche Branchen verschiedene Anforderungen an das Gerätemanagement haben. Durch maßgeschneiderte Reparatur-, Wartungs- und Zwischenlösungen konnte Repair Circle eine breite Palette an Unternehmen ansprechen.
  • Aufklärung als Teil der Dienstleistung verstehen
    Mit ihren Geschäftskund:innen-Beratungen richtet sich Repair Circle auch an interessierte Mitarbeiter:innen des Unternehmens, die nicht unbedingt direkt für die Unternehmensgeräte verantwortlich sein müssen, aber nach Wegen suchen, ihren Arbeitsplatz umweltfreundlicher zu gestalten.
    Für Interessierte bindet Repair Circle seine Kund:innen auch in den Diagnose- und Reparaturprozess mit ein und sorgt dafür, dass Mitarbeitende im Reparieren der Geräte geschult werden und internes Wissen aufbauen können.
  • Liefern Sie Ihren Kund:innen Kennzahlen für den Nachhaltigkeitsbericht
    Viele Unternehmen suchen heute nach Möglichkeiten, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Datenbasierte Informationen, wie konkrete Einsparungen bei Inanspruchnahme Ihrer Dienstleistung, bieten einen attraktiven Mehrwert für Kund:innen.
  • Kooperieren Sie mit Ihrer Community
    Es lohnt sich, Peers als potenzielle Kollabor:innen statt als Konkurrent:innen zu betrachten. Umfassende Kooperation kann entscheidend sein, denn sie schließt Lücken im eigenen Angebot. Beide Gründer:innen von Repair Circle betonen, wie sehr ihnen die Ressourcen des Impact Hub Berlin, des Impact Business Modeling System, des Circularity Hub, von go9X, dem Studio Nima und des Yunus Environment Hub geholfen haben.

 

[1] Süddeutsche Zeitung (2022): 13 Geräte pro Haushalt: Zu viel Elektronik wird gehortet. URL: https://www.sueddeutsche.de/wissen/handys-tablets-und-kopfhoerer-13-geraete-pro-haushalt-zu-viel-elektronik-wird-gehortet-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-221013-99-117023 [abgerufen am 03.09.2024].

[2] Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling (2019): 32 Millionen Elektro-Altgeräte in deutschen Haushalten. URL: https://www.bvse.de/schrott-elektronikgeraete-recycling/nachrichten-schrott-eschrott-kfz/3990-32-millionen-elektro-altgeraete-in-deutschen-haushalten.html [abgerufen am 03.09.2024].

[3] Statistisches Bundesamt (2023): EU in Zahlen: EU-weit 4,7 Millionen Tonnen Elektroschrott im Jahr. URL: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt-Energie/Elektroschrott.html [abgerufen am 03.09.2024].

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