Gerüstbau geht auch klimaneutral
Robert Meyer hat zwei Wünsche. Der Geschäftsführer und Gesellschafter des Gerüstbauers Ro² möchte, dass sein Sohn eine gute Zukunft hat und dass sein Gerüstbaubetrieb noch lange bestehen bleibt. Deswegen, so sagt er, sei es seine Verantwortung, etwas zu verändern, nachhaltiger zu wirtschaften und dem Klimawandel ein Stück weit entgegenzutreten. „Viele Mittelständler denken sich: ‚Ob ich was ändere, interessiert eh keinen‘. Aber das stimmt nicht. Jeder trägt eine Verantwortung“, ist der Gerüstbauer überzeugt.
Robert Meyer machte sich deshalb, gemeinsam mit seinem Prokuristen, vor Jahren an die Arbeit und ließ zunächst den CO2-Ausstoß seiner Firma von der Prüfgesellschaft Dekra ermitteln. Ergebnis: eindeutig zu hoch. Den größten CO2-Ausstoß verursacht das Gerüst selbst bei seiner Herstellung. Auch die Lastwagen, mit denen die Mitarbeiter das Gerüst zur Baustelle transportieren, tragen zum hohen CO2-Ausstoß bei.
In mehreren Etappen begann das Unternehmen deshalb einzusparen. Zunächst wechselte Ro² den Hersteller seiner Gerüste. Heute arbeiten die Berliner mit dem klimaneutral arbeitenden Unternehmen Peri aus dem bayerischen Weißenhorn zusammen. Zusätzlich veränderte das Ro²-Team viele kleine Abläufe in der Firma, stellte etwa auf ein elektronisches Rechnungssystem um oder schaffte die Papier-Visitenkarten ab. „Man denkt, man kriegt die Mitarbeiter von solchen Maßnahmen nicht überzeugt, aber es war erstaunlich, wie sie mitgezogen und eigene Ideen eingebracht haben“, betont Meyer, dessen Unternehmen 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt. Auch stellte Ro² einige der Autos im Fuhrpark auf Elektroantrieb um. Der Chef selbst fährt nur noch E-Auto, wie er sagt, aber „bei der Umstellung der Lastwagen sind wir einfach von der Industrie und der Politik abhängig. Ein E-Lkw ist noch viel zu teuer und die Ladeinfrastruktur ist nicht ausreichend ausgebaut.“
Das was Ro² bis jetzt noch nicht an CO2 einsparen kann, kompensiert das Unternehmen über ein Projekt, bei dem Windräder in Chile gebaut werden. „Das ist aber nur eine Übergangslösung“, erklärt Meyer, „solange wir noch nicht an allen Stellen CO2-neutral sein können.“ Der finanzielle Aufwand, nachhaltiger zu werden, lohne sich. Und er sei auch gar nicht so groß, wie viele Betriebe denken. „Wenn sich eine Firma zum Beispiel für die Anschaffung der teureren Bohrmaschine entscheidet, weil die länger hält, dann ist das schon nachhaltig.“ Für den Geschäftsführer sind dies Investments in die Zukunft, für die er beim Firmengewinn gerne zurücksteckt. „Nachhaltigkeit bringt mir mehr, als wenn ich einen Euro mehr in der Tasche hab“, so Meyer.
Der Gerüstbauer wünscht sich, dass sich mehr Unternehmen dem Thema Nachhaltigkeit annehmen und vor allem, dass öffentliche Vergabestellen ein solches Engagement stärker honorieren. „Es kann nicht sein, dass öffentliche Projekte vor allem über den Preis vergeben werden. Kriterien wie Nachhaltigkeit, sollten eine viel größere Rolle spielen, dann würden sich auch mehr kleinere Unternehmen darum bemühen.“
Ro² wurde mittlerweile als klimaneutrales Unternehmen von der Dekra zertifiziert. Zur Würdigung des Engagements hat das Bezirksamt Lichtenberg die Ro² Gerüstbau GmbH & Co. KG außerdem im September 2022 in der Kategorie „Ökologische oder soziale Verantwortung und Arbeitnehmer:innenfreundlichkeit“ als Unternehmen des Jahres ausgezeichnet.
Helena Golz / Handwerkskammer Berlin